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„Die Pflege sollte die TI als Chance betrachten“
Den echten Willen zur Vernetzung in der TI müssen jetzt noch mehr Akteure unter Beweis stellen. So die Erwartung des ersten Pflegeunternehmens in Deutschland, das eine KIM versendet hat – Geschäftsführer Daniel Zwick im Interview.

Welche Hoffnungen verbinden Sie für Ihr Pflege-Unternehmen mit der Anbindung an die Telematikinfrastruktur?
Daniel Zwick: Wir erhoffen uns die Ablösung des Faxgerätes und eine Verschlankung der Prozesse, sowie die vollelektronische Leistungsabrechnung. Ein Beispiel: Ein Arzt möchte Informationen über Vitalwerte, die bei uns digital erfasst werden. Wir könnten diese als PDF-Dokument speichern und via KIM vom PC versenden. Des Weiteren erwarte ich Schnittstellen zu Smartwatches, die Stürze oder einen unregelmäßigen Herzschlag aufzeichnen und diese direkt an die Notfallaufnahme, den Arzt oder Pflegedienst übertragen.
Sie sammeln bereits Erfahrungen mit der TI im Modellverfahren. Welche Unternehmensprozesse wurden beschleunigt? Auf welche digitalen Dienste möchten Sie keinesfalls mehr verzichten?
Leider ist bisher die einzige Erfahrung, der Austausch mit anderen Pflegeeinrichtungen, die ebenfalls an die TI angeschlossen sind. Wir versenden mal eine E-Mail via KIM und tauschen uns aus. Wir können derzeit weder mit Ärzten oder Kranken- und Pflegekassen via KIM kommunizieren. In unserer Region ist das Verständnis für die KIM bisher nicht vorhanden.
Also haben sich viele der mit der Anbindung verbundenen Hoffnungen aus Ihrer Sicht noch nicht erfüllt.
Gemeinsam mit unserem Software Anbieter NoventiCARE und unserem Verband, dem bpa, haben wir die Krankenkassen an den § 302 SGB V aufmerksam gemacht, der uns seit fast zwei Jahren zur vollelektronischen Abrechnung berechtigt. Hier haben wir den Dialog zum GKV-Spitzenverband sowie weiteren Krankenkassen gesucht. Obwohl wir alle gesetzlichen Anforderungen erfüllen, dürfen wir nicht vollelektronisch abrechnen. Hier verstehe ich einfach nicht, warum das Gesetz nicht greift!
Was muss im Zusammenspiel der beteiligten Akteure also noch besser werden, an welchen Details hakt es noch Ihrer Erfahrung nach? Welche Netzwerk-Akteure sind gefordert?
Es muss vor allem ein gemeinsamer Wille entstehen, die TI bei allen Akteuren zu implementieren. Viele sehen aktuell nur den Aufwand der Umstellung und nicht die Vorteile. Selbstverständlich kann man nicht auf Knopfdruck die Vorteile der TI nutzen, sondern es bedarf insgesamt einer Umstellung von Vollpapier auf Volldigital und hier liegt vermutlich eine große Sorge. Die Pflege sollte die TI als Chance und nicht als mehr Arbeit betrachten.
Was raten Sie Pflegeunternehmen, wie sie sich jetzt für die verpflichtende Anbindung an die TI ab Anfang 2024 fit machen können?
Unser Weg zur Digitalen Klientenakte hat fast 18 Monate gedauert. Von der Entscheidung, sich an die TI anzuschließen bis zur Installation vergehen Minimum drei Monate. Auf Grund von Lieferengpässen können durchaus sechs Monate vergehen. Hier sollte jedem klar werden, dass die Zeit bis zum 1. Januar 2024 knapp wird. Wer sich jetzt noch nicht mit der Anbindung an die TI beschäftigt hat, sollte den Stift zur Seite legen und sich damit auseinandersetzen. Es ist schließlich nicht nur die Bestellung der Hard- und Softwarekomponenten, sondern wer noch nicht digital arbeitet, hat einen langen Weg vor sich. Aus meiner Sicht ist die digitale Klientenakte die Basis, um in Zukunft mit den digitalen Lösungen Schritt zu halten. Man muss seine Software und die Unternehmensprozesse genau kennen und kann dann bewerten, ob die Software die digitale Wende abbilden kann. Die nächste Frage ist, ob ich eigene Server betreiben möchte und diese aktuelle Software betreiben können oder ob man eine Cloudlösung bevorzugt. Die Anschaffung von PCs und mobilen Endgeräten gehörte ebenfalls dazu.
Interview: Darren Klingbeil
Infos: pflegedienst-zwick.de
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