Corona
Forderung nach Impfpflicht wird lauter
Der Humangenetiker Wolfram Henn vom Deutschen Ethikrat fordert eine Impfpflicht für das Pflegepersonal. „Es ist völlig inakzeptabel und unprofessionell, wenn Personen, die tagtäglich mit vulnerablen Gruppen arbeiten, nicht geimpft sind“, sagte er der „Rheinischen Post“. Eine Testpflicht könne eine Impfung nur ergänzen.

Warnungen, dass ein Impfdruck dafür sorge, dass Pflegepersonal der Branche den Rücken kehren könnte, wies das Ethikrats-Mitglied zurück. In Frankreich und Italien sei trotz einer solchen Impfpflicht das Gesundheitswesen nicht zusammengebrochen.
Die Vorsitzende des Ärzteverbandes Marburger Bund, Susannne Johna, plädierte für eine berufsbezogene Impfpflicht in Deutschland. „Das heißt in Verantwortung für die Patientinnen und Patienten und Betreuten halten wir es für richtig, wenn sich Ärztinnen und Ärzte, Pflegepersonal, Therapeuten impfen lassen“, sagte sie dem Radiosender Bayern2 am Samstag. Auch der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM), Martin Scherer, ist offen für eine Impfpflicht für Pflegekräfte. „Dabei spielt zum einen der Schutz der vulnerablen Personen eine Rolle und zum anderen der Selbstschutz der Fachkräfte“, sagte er der „Rheinischen Post“ .
„Für eine Verpflichtung zur Impfung gibt es keine rechtliche Grundlage“, sagte der Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), Bernd Meurer, dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“. „Die aktuelle Diskussion um eine Impfpflicht für Pflegekräfte lenkt davon ab, dass versäumt wurde, die Booster-Impfungen schnell und flächendeckend umzusetzen, wie wir es seit Wochen fordern.“ Meurer zufolge sind die fehlenden Auffrischungsimpfungen der wesentliche Grund für Impfdurchbrüche. „Der bpa hat immer für eine hohe Impfbereitschaft geworben, und unsere Mitgliedsunternehmen werben vor Ort weiter um jeden einzelnen Impfwilligen“, betonte er. „Wir erläutern immer wieder aufs Neue, dass jeder geimpfte Mitarbeiter das Risiko für sich und in den Einrichtungen senkt und Leben schützt.“
Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha hat sich für eine Impfpflicht ausgesprochen. “Nachdem wir lange auf Appelle und die Einsicht der Menschen gesetzt haben, ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, eine Impfpflicht für Beschäftigte in sensiblen Bereichen wie dem Gesundheits- oder dem Erziehungs- und Bildungswesen zu fordern”, sagte der Grünen-Minister. Unterstützung erhält er von der Evangelischen Heimstiftung. „Ich bin ziemlich sicher, dass diejenigen Mitarbeitenden, die sich bislang noch nicht für eine Impfung entscheiden konnten, ihre Meinung auch in den nächsten Wochen nicht ändern werden“, sagt EHS-Hauptgeschäftsführer Bernhard Schneider. „Ich bin mir darüber im Klaren“, sagt Schneider weiter, „dass die Forderung nach einer Impfpflicht für Mitarbeitende im Pflege- und Gesundheitsbereich auch viel Widerspruch erntet“. Wer aber in der Pflege und Betreuung Verantwortung übernehme für alte und pflegebedürftige Menschen, der müsse sein persönliches Recht, über eine Impfung zu entscheiden, zurückstellen.
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