Recht

Mindestlohn für entsandte Betreuungskräfte

Zehntausende Betreuungskräfte aus dem Ausland arbeiten in deutschen Haushalten. Zu ihrer Bezahlung hat das Bundesarbeitsgericht am Donnerstag, den 24. Juni 2021 in Erfurt ein Grundsatzurteil gefällt, das nach Einschätzung von Fachleuten massive Auswirkungen auf die Pflege zu Hause haben wird. Den ausländischen Arbeitnehmern, die Senioren in ihren Wohnungen betreuen, stehe der gesetzliche Mindestlohn zu, urteilten die höchsten deutschen Arbeitsrichter.

Ältere Dame fast eine Person bei den Händen.
Foto: AdobeStock/Andrey Popov Vermittler werben hilfesuchende Familien in Deutschland nicht selten mit dem Versprechen einer 24-Stunden-Betreuung - meist für vergleichsweise wenig Geld.

Der Mindestlohn gelte auch für Bereitschaftszeiten, in denen die zumeist aus Osteuropa stammenden Frauen Betreuung auf Abruf leisteten. „Auch Bereitschaftsdienstzeit ist mit dem vollen Mindestlohn zu vergüten“, sagte der Vorsitzende Richter Rüdiger Linck in der Verhandlung. Er machte deutlich, dass Bereitschaftsdienst auch darin bestehen könne, dass die Pflegehilfe im Haushalt der Senioren wohnen müsse „und grundsätzlich verpflichtet ist, zu allen Tag- und Nachtstunden bei Bedarf Arbeit zu leisten“.

DGB-Bundesvorstandsmitglied Anja Piel bezeichnete das Urteil als ´“Paukenschlag für entsandte Beschäftigte in der häuslichen Altenpflege“. Auch die Gewerkschaft Verdi und der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste begrüßten es und forderten seine Umsetzung. Jetzt sei klar, auch wer in anderen EU-Ländern unter Vertrag stehe, habe in Deutschland elementare Schutzrechte bei Lohn und Arbeitszeiten, betonte Piel.

„So nachvollziehbar die Entscheidung auch ist. Das Urteil löst einen Tsunami aus für alle, die daheim auf die Unterstützung ausländischer Pflegekräfte angewiesen sind“, erklärte Eugen Brysch, Vorstand bei der Deutsche Stiftung Patientenschutz in Dortmund. Es sind nach seinen Angaben mindestens 100 000 ausländische Helfer offiziell in deutschen Haushalten beschäftigt. Hinzu kämen schätzungsweise 200 000 Menschen, die ohne schriftliche Vereinbarung als Betreuungskraft arbeiteten. Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, sagt den Zeitungen der Funke Mediengruppe, nach dem Urteil drohe der häuslichen Pflege ein „Armageddon“.