Politik
Pflegekammer in Niedersachsen soll aufgelöst werden
Die Pflegekammer in Niedersachsen soll aufgelöst werden. Das hat Sozialministerin Carola Reimann (SPD) am 7. September nach Vorlage des Ergebnisses einer Online-Befragung in Hannover mitgeteilt.

Dabei stimmen 70,6 Prozent der teilnehmenden Pflegekräfte gegen den Fortbestand der Kammer und nur 22,6 Prozent dafür. Die übrigen Teilnehmer enthielten sich. “Das Ergebnis ist eindeutig”, sagte Reimann. “Wir werden diesen deutlichen Zahlen nun unverzüglich die Auflösung der Pflegekammer folgen lassen.” Ein entsprechendes Gesetz werde vorbereitet. Rund 78 000 Pflegekräfte waren aufgerufen, sich zur Arbeit und Zukunft der Kammer zu äußern. 15 100 davon nahmen an der Befragung teil. Reimann sagte, sie hätte sich eine höhere Beteiligung gewünscht. Das Ministerium hatte zuvor aber klargestellt, dass das Votum der Pflegekräfte unabhängig von der Beteiligung bindend ist. “Ich wünsche mir, dass die Pflegekräfte weiter zu Wort kommen und sich Gehör verschaffen”, sagte Reimann. Verstärkt seien die Gewerkschaften nun gefragt. Die Kammer ist eine Interessenvertretung der Pflegebeschäftigten, sie wurde 2017 ins Leben gerufen. Ärger gab es, weil alle Pflegekräfte auch gegen ihren Willen Pflichtmitglieder in der Kammer werden und einen Mitgliedsbeitrag zahlen sollten. Ende vergangenen Jahres entschied das Land dann, die Kosten zu tragen und keine Beiträge mehr von den Beschäftigten zu erheben. Dadurch sahen sich Teile der Kammer in einer unerwünschten Abhängigkeit von der Landespolitik. Angesichts einer Beteiligung von weniger als 20 Prozent könne die Umfrage nicht zur Bewertung der Arbeit der Kammer herhalten, sagte Kammerpräsidentin Nadya Klarmann. Die Pflegekammer sei eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und beruhe auf einem gesetzlichen Auftrag des Landtags. “Er kann nicht einfach auf der Basis eines Minderheitenvotums revidiert werden”, sagte Klarmann.”Dies ist rechtlich mehr als fragwürdig.” Der gesetzliche Auftrag und die begonnene Arbeit der Pflegekammer müssten im Interesse der Pflegekräfte weiter aufgebaut und ausgebaut werden. Seit der konstituierenden Sitzung 2018 habe die Kammer bereits zahlreiche Projekte realisiert. “Das niedersächsische Gesundheitsministerium soll der Pflegekammer die notwendige Zeit geben, ihren gesetzlichen Auftrag weiter zu erfüllen.” Die Pflegekräfte brauchten eine starke Stimme, die ihre mehr als berechtigten Interessen vertrete. Wie es aus der Kammer hieß, werden nun neben rechtlichen Schritten auch Möglichkeiten geprüft, wie die Interessenvertretung in einem anderen Rahmen fortgeführt werden kann. Die Kammerversammlung werde sich dazu in Kürze beraten.
Dieses “Nicht-Ergebnis” sei unbestreitbar der “Verdienst” der politisch Verantwortlichen in Niedersachsen, kritisierte Martin Dichter, Vorsitzender des DBfK Nordwest. “Dort sitzen die Totengräber des jungen Pflänzchens Pflegekammer. Eine neue Institution, die politisch nicht wirklich gewollt ist und weder finanziell noch ideell klar unterstützt wird, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt.” Entsprechend ist das Ergebnis der Befragung: 15 100 oder 19,49 % der Pflegefachpersonen in Niedersachsen haben sich an der Abstimmung beteiligt.
“Neue Organisationen müssen einen überzeugenden Mehrwert bieten. Die Beschäftigung der Pflegekammer mit sich selber reicht nicht aus als Voraussetzung für eine Zwangsmitgliedschaft. Die Zustimmung lässt sich auch nicht mit Landesmitteln erkaufen. Die Entscheidung der Landesregierung war überfällig, die Kammer aufzulösen. Andere Bundesländer werden aus diesem missglückten teuren Experiment lernen”, sagte hingegen Ricarda Hasch, die Landesvorsitzende des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V.
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