Management
Zeitbezogene Vergütung: Die Spirale der Verdichtung stoppen
Die Caritas-Sozialstationen Hochrhein sind in einem einmaligen Pilotprojekt in Einzelverhandlungen für ambulante Leistungen nach § 36 SGB XI eingestiegen. Ein Ergebnis war der Umstieg in die zeitbezogene Vergütung. Die Erfahrungen waren positiv.

Das Projekt ist in dieser Form wohl bundesweit einzigartig. Drei Caritas-Sozialstationen in Baden-Württemberg sind mit den Spitzenverbänden der Pflegekassen in Einzelverhandlungen für ambulante Leistungen nach § 36 SGB XI eingestiegen. „Für die an den Einzelverhandlungen beteiligten Dienste ermöglicht die Einzelverhandlung – neben der Berücksichtigung der Gestehungskosten und individueller Besonderheiten – seit 2017 damit auch den Einstieg in eine zeitbezogene Vergütung. Stundensätze und zeitbezogene Vergütung sind kein Selbstzweck, sondern sollen einer selbstbestimmten Pflege dienen“, schrieb Unternehmensberater Dr. Axel Schuhen in Häusliche Pflege 11/2021.
Vor Ort bei den Caritas-Sozialstationen Hochrhein blicken die Verantwortlichen zufrieden auf die branchenweit große Resonanz dieses ambitionierten Projekts, das auch auf Interesse beim GKV Spitzenverband und dem Bundesgesundheitsministerium stieß. Denn es ist eine erfolgreich umgesetzte Antwort auf die Forderungen nach besseren Rahmenbedingungen in der Pflege. „Der Zeitdruck war tatsächlich vor den Einzelverhandlungen enorm geworden“, sagt Pflegedienstleitung Sabine Jacobi. „Wir hatten auch nicht mehr die notwendige Zeit für die Patienten und die Kundengespräche.“ Auch die Prophylaxe sei zu kurz gekommen. „Man hatte eine feste Modulstarre, die einfach nicht mehr zeitgemäß ist.“ Auf einmal gab es keine Module mehr. „Wenn wir vorher 40 Minuten gebraucht haben, dann haben wir je nach Kunden auch 45 oder 50 Minuten daraus gemacht. Man kennt die Bedürfnisse seiner Kunden“, ergänzt Jacobi.
„Man kann das nicht am grünen Tisch berechnen.“
Nach dem erfolgreichen Auftakt mit der zeitbezogenen Vergütung und Pflege im SGB XI haben die Caritas-Sozialstationen Hochrhein aber das Ziel, den Erfolg auch auf das SGB V zu übertragen nicht aus den Augen verloren. „Es kann nicht sein, dass wir die SGB V- und die SGB XI-Bereiche trennen“, sagt Peter Schwander, Geschäftsbereichsleiter Gesundheits- und Altenhilfe bei den Caritas-Sozialstationen Hochrhein.
„Es wäre hier einfacher und vor allem wirkungsorientierter, wenn wir auch die SGB V-Leistungen nach Zeit abwickeln könnten. In allen Kombinationshausbesuchen haben die Mitarbeiter:innen quasi die zeitbezogene Vergütung, aber in den singulär erbrachten SGB V-Leistungen sind wir weiter in der Pauschalfinanzierung. Das ist aus pflegerischer Perspektive ungünstig für dieses Projekt.“ Schwander ist sich bewusst, dass es ein großer Schritt ist. Er würde aber mit seinem Verband gerne den Versuch wagen. „Man kann das nicht am grünen Tisch berechnen. Wie lange dauert eine behandlungspflegerische Maßnahme? Beim einen Patienten dauert die Insulingabe vier beim anderen zwölf Minuten. Beides hat seine fachliche und dem Patientenbedürfnis gerechnete Begründung.“
Lesen Sie den ganzen Beitrag in der aktuellen Ausgabe von Häusliche Pflege.
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