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Beratung gewinnt besondere Bedeutung in Krisenzeiten

Inzwischen ist sie fast eingestellt, auch die Beratungsgespräche nach § 37 Abs. 3 SGB XI finden kaum noch statt, absoluter Krisenmodus, weil nur noch reagiert wird. Aber das ist falsch! Was auch immer die Gründe dafür sein mögen, die Beratung herunterzufahren, wir sollten uns darauf besinnen, dass Beratung lenken kann, und die dargestellten Kräfte, die auf die Inanspruchnahme wirken, koordinieren kann.

- Thomas Sießegger stellt heraus, was in Krisenzeiten wirklich wichtig ist. (Foto: Florentine Sießegger)

Beratung war auch schon in der Vergangenheit eigentlich ein eigenes Leistungsangebot, jetzt aber erst jetzt wird umso deutlicher, wie mit Beratungsarbeit ein ambulanter Dienst gesteuert werden kann.

Besondere Herausforderungen für die Pflege- und Betreuungsdienst entstehen in Zeiten der Krise durch die auferlegten Maßnahmen, aber auch durch die Ängste von Mitarbeitern und Kunden.

 

Pflege: Bestimmte notwendige oder geforderte Schutzmaßnahmen lassen bestimmte Einsätze gar nicht zu. So müsste zum Beispiel durch beständige Beratung sichergestellt werden, dass ein ambulanter Pflege und Betreuungsdienst sich auf die Leistungen und Angebote konzentriert, die aktuell von besonderer systemrelevanter Bedeutung sind. Das ist zurzeit definitiv die Pflege.

 

Hauswirtschaft: Bei der Hauswirtschaft ergibt sich das Problem, dass Hauswirtschaft auch schon innerhalb der letzten 3 Jahre eher dazu da war, die Leistungen des Entlastungsbetrages auch tatsächlich zu nutzen. Manche Pflegedienste empfanden das als “Missbrauch” dieser Leistung oder sahen das zumindest als fehlgeleitete Leistungsverschiebung. Aber diese Leistungen werden zurzeit gar nicht so stark nachgefragt, einerseits weil die Kunden Angst haben und verunsichert sind, zum anderen möchten viele auch nicht entsprechendes zu viel Personal zu lange in ihre Häuslichkeit lassen.

 

Betreuung: Das Problem bei der Betreuung ist, dass es sich eher um zeitintensive Tätigkeiten handelt, wo tatsächlich eine Maske, insbesondere bei der dementen Menschen, irritierend und verstörend sein kann. Derzeit finden Überlegungen statt, mit Hauswirtschafts- und Betreuungsdiensten Kooperationen einzugehen, die sich auf diese Leistungen konzentrieren. Aber ist der Kuchen erst einmal aufgeteilt, wird sich das vermutlich kaum revidieren lassen. Insofern empfehle ich zwischenzeitlich eine Mengensteuerung von Pflege, Hauswirtschaft und Betreuung durch ständige Beratung.

 

Die komplementäre Herausforderung entsteht auf Seiten des ambulanten Dienstes, der gar nicht genügend passendes Personal zur Verfügung hat, um die eigentlich wichtigen Aufgaben zu erbringen. Insofern wird in vielen Pflegediensten schon jetzt Hauswirtschaftspersonal in der Pflege eingesetzt. Das bedeutet aber zunächst einmal Umschulungen. Des Weiteren kommt hinzu, dass sich ambulante Dienste zeitaufwendige Leistungserbringungen derzeit gar nicht leisten können.

 

Partielle Aufnahmestopps und zeitweise schwankende freie Kapazitäten in Abwechslung mit Personalmangel sind die Herausforderungen für Pflege- und Betreuungsdienste.

 

Es wird jedoch auch eine Zeit nach der Corona-Pandemie geben, bei der dann wieder anders gesteuert werden muss. Wenn also die derzeit einschränkenden Rahmenbedingungen nicht mehr gelten, und wenn wir zu einer neuen Normalität zurückkehren dürfen, müssen über die Beratung wiederum lenkend Angebote neu austariert werden. Auch dann wird es bedeutsam sein, immer mit Blick auf die eigenen Personalressourcen das Leistungsangebot zu gestalten.

Eine ausführlichere und überarbeitete Version dieses Blog-Beitrags von Thomas Sießegger finden Sie in Häusliche Pflege, der Fachzeitschrift für ambulante Pflege- und Betreuungsdienste.