Fuhrpark
Der Rahmentourenplan
Die Tourenplanung ist einer der entscheidenden wirtschaftlichen Faktoren im Pflegedienst. Deshalb lohnt es sich, die Planung genau unter die Lupe zu nehmen und die oft noch vorhandenen Verbesserungspotenziale zu nutzen.

Das Rad immer wieder neu zu erfinden ist selten notwendig – oder sinnvoll. Das gilt auch für die Tourenplanung im ambulanten Pflegedienst. Und doch kommt es in der Praxis häufig vor, dass die für die Tourenplanung verantwortlichen Personen, zumeist Leitungskräfte, jeden Tag von vorne anfangen. Zwar kommt der Tourenplanung eine zentrale Bedeutung für den Pflegedienst zu. Dennoch sollte sie nicht zu stark die zeitlichen Ressourcen der Leitungskräfte binden, die für andere Aufgaben dringend benötigt werden. Die Tourenplanung wirkt sich auf die Mitarbeiter- wie auch auf die Klientenzufriedenheit aus. Sie ist überdies ein entscheidender wirtschaftlicher Faktor, der über den Unternehmenserfolg eines Pflegedienstes entscheiden kann. Deshalb lohnt es sich, die Planung unter die Lupe zu nehmen und die oft noch vorhandenen Verbesserungspotenziale zu nutzen.
Rahmentourenplanung – ein Gerüst schaffen
Der Rahmentourenplan bildet das Grundgerüst für die tägliche Tourenplanung. Die Tourenplanenden müssen ihn im Idealfall nur noch mit Blick auf tagesaktuelle Änderungen, zum Beispiel Arzttermine und Einsatzabsagen der Klientinnen und Klienten, anpassen. Das spart Zeit und ermöglicht einen gezielteren Ressourceneinsatz.
Auch im wirtschaftlichen und steuerungsrelevanten Bereich hat die Rahmentourenplanung große Vorteile. Nachdem der Auftrag des Klienten oder der Klientin angelegt ist, können hier die nächsten wichtigen Vorgaben hinterlegt werden, die über die Wirtschaftlichkeit eines Einsatzes, und auch des Klienten insgesamt, entscheiden. Hier geben Sie beispielsweise die Einsatzlänge vor, aber auch die Position in einer Tour, die wiederum die Fahrzeit entscheidend beeinflusst. Diese Faktoren sind gute Beispiele für die Arbeit mit den komplexen „Stellschrauben“ der Wirtschaftlichkeit im ambulanten Dienst.
Sechs Schritte zur Strukturierung
Bei der Erstellung eines Rahmentourenplans sollten Sie strukturiert und sorgfältig vorgehen. Bewährt haben sich die folgenden sechs Schritte.
- Auswahl der Mitarbeitenden und (vorläufige) Bestimmung der Touren: Ihre Rahmentourenplanung baut auf dem Personal auf, das Ihnen aktuell zur Verfügung steht. Im ersten Schritt sichten Sie daher Ihre verfügbaren Mitarbeitenden. Dabei erfassen Sie die für die Planung relevanten Merkmale der Personen. Das sind zunächst Stundenumfänge und Qualifikationen, aber auch Einsatzmöglichkeiten, Wohnort, Aufgabenbereiche sowie mögliche individuelle Absprachen. Aufbauend auf diesen Voraussetzungen können Sie eine Sortierung vornehmen und die Mitarbeitenden den passenden und umsetzbaren Touren (zum Beispiel dem Frühdienst mit Fachkraftbesetzung oder einer späten Tour mit Pflegehilfskraftbesetzung) zuordnen. Gegebenenfalls müssen Sie die Anzahl der Touren, die Sie in diesem Schritt auf Basis der Mitarbeitenden ansetzen, im Erstellungsprozess noch verändern, sollte die Planung nicht aufgehen. Versuchen Sie erst einmal mit möglichst wenigen Touren zu planen, um die Personalressourcen möglichst effektiv zu nutzen. Viele kurze Touren sind in der Regel unwirtschaftlich und führen nicht zu einer hohen Mitarbeiterzufriedenheit, da häufiger Doppel- bzw. Teildienste erbracht werden müssen und sich die freien Tage der Mitarbeitenden reduzieren.
- Zuordnung der Klientinnen und Klienten zu den verschiedenen Touren: Auf Basis Ihrer bestehenden Mitarbeitenden sind nun die Parameter, die die Verteilung der Klientinnen und Klienten beeinflussen, schon klar definiert – zum Beispiel durch die Tourenlänge, den Tourenbeginn oder die Qualifikation. In diesem Schritt ordnen Sie dann die Einsätze aller aktiven Klientinnen und Klienten, im Sinne der Bezugspflege, den Touren zu. Das umfasst auch Personen, die sich in einer kurzfristigen Unterbrechung wie einem Krankenhausaufenthalt befinden. Achten Sie darauf, die Stellenumfänge der Mitarbeitenden immer mitzudenken. Denn ist der Rahmentourenplan erstellt, werden die entsprechenden Touren auch im Dienstplan festgelegt. Wenn hier die Touren zu kurz oder zu lang geplant sind, kommt es schnell zu Minus- oder Mehrstunden bei den Mitarbeitenden, die sowohl wirtschaftlich als auch mit Blick auf die Mitarbeiterzufriedenheit zu vermeiden sind.
- Anpassung der Einsatzlänge: Um eine der Praxis entsprechende Tourenplanung erstellen zu können, müssen als nächstes die zeitlichen Längen der einzelnen Einsätze bearbeitet werden. Wenn Sie eine Softwareunterstützung nutzen, sind in der Regel Durchschnittswerte hinterlegt. Diese Werte sollten Sie in jedem Fall anpassen. Die Erfahrung zeigt, dass Einsätze oft zu lang angesetzt sind, wenn Planende die Summe der Durchschnittswerte aus der Software als Grundlage nehmen. Ein Beispiel: Sie planen den Einsatz bei einer Klientin mit Grundpflege, Medikamentengabe, Blutzuckermessung und Insulingabe. Das Planungsprogramm addiert alle Durchschnittswerte der genannten Leistungen und errechnet 43 Minuten. Der Einsatz bei dieser individuellen Klientin dauert aber eigentlich nur 35 Minuten. Auch eine zu kurz berechnete Zeit ist denkbar. Denn individuelle Voraussetzungen und Begebenheiten der Klientinnen und Klienten müssen für eine gute Planung mit einfließen. Sollte Ihnen die Anpassung der Zeitwerte Schwierigkeiten bereiten, ist es empfehlenswert, auf das Know-how der Mitarbeitenden zurückzugreifen. So können Sie einerseits erreichen, dass die Zeitwerte realistisch sind. Gleichzeitig bringen Sie Ihren Mitarbeitenden Wertschätzung entgegen und sorgen dafür, dass sich deren Erfahrung in der Planung widerspiegelt. Die Zeitwerte sollten wirtschaftliche Einsätze abbilden. Aber auch eine zu enge Taktung kann nachteilig werden. Damit bringen Sie zunächst Ihre Mitarbeitenden in Stress – und unter Umständen leidet auch die Qualität der Leistungen. Im Sinne wirtschaftlicher Einsätze kann es in manchen Fällen zusätzlich notwendig sein, die mit den Klientinnen und Klienten ausgehandelten Modulkomplexe zu evaluieren und diese gegebenenfalls in einem Gespräch mit den Klienten, beziehungsweise mit den Angehörigen, anzupassen.
- Berechnung der Fahrzeiten: Bei der Berechnung der Fahrzeiten ist Sorgfalt geboten, denn als sogenannte „Non-Profit-Zeiten“ sind diese ausschlaggebend für die Wirtschaftlichkeit einzelner Einsätze, einer ganzen Tour – ja, letztlich des gesamten Dienstes. Sie können bei diesem Arbeitsschritt die Routenplaner der Softwareunterstützer nutzen oder auch auf die bekannten Routenplaner direkt zurückgreifen. Alternativ – beziehungsweise ergänzend – können Sie sich auf Ihre Erfahrungswerte stützen und erneut auch das Wissen der Mitarbeitenden einbeziehen. Wenn es auch lange Zeit in der Praxis verbreitet war, ist es nicht sinnvoll, bei den Fahrzeiten mit Durchschnittswerten zu arbeiten. Dies erschwert Ihnen im Anschluss das notwendige Controlling. Denn eine Abweichung von unrealistischen Vorgaben bringt keine verwertbare Information.
- Planung regelmäßiger Sonderaufgaben: Alle Einsätze, auch solche ohne Klientenbezug, die in regelmäßigen Abständen erfüllt werden müssen, sollten im Rahmentourenplan hinterlegt werden. Das betrifft unter anderem regelmäßig wiederkehrende Sonderaufgaben wie die Autopflege oder das Stellen von Medikamenten in der Station. Es werden sicherlich immer auch Aufgaben anfallen, das Abholen eines Rezepts beispielsweise, die nicht vorplanbar sind. Sofern möglich, hat es sich aber bewährt, dass die Leitung auch Sonderaufgaben in der Planung zeitlich vorgibt.
- Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der einzelnen Touren: Im letzten Schritt gilt es zu überprüfen, wie wirtschaftlich die bis hierhin erstellte Planung ist. Wenn Sie eine Softwareunterstützung nutzen, wird Ihnen dieser Schritt wiederum stark vereinfacht. Die Einsatzplanprogramme bieten in der Regel eine Controlling-Funktion für die erstellten Touren an. Trotzdem kann es hilfreich sein zu wissen, welche Berechnung dahinterliegt. Wollen Sie diese selbst durchführen, gehen Sie so vor: Sie rechnen die Umsätze aller Einsätze der Tour zusammen. Dabei berücksichtigen Sie die gesamten Einnahmen, also auch Anfahrtspauschalen oder Investitionskosten-Einnahmen. Von diesen addierten Umsätzen ziehen Sie dann die Personaleinsatzkosten ab. Diese beinhalten das Durchschnittsgehalt der Qualifikationsgruppe zuzüglich Brutto-Arbeitgeberkosten, Leitungs- und Verwaltungskosten sowie Sachkosten. Die Softwareunterstützung bietet in der Regel die Möglichkeit, diese Personaleinsatzkosten entweder individuell oder nach Qualifikationsgruppen zu berechnen. In einem Pflegedienst mit tarifgebundener Bezahlung – und vorausgesetzt, die Abweichungen aufgrund von Erfahrung oder anderen Faktoren fallen nicht zu groß aus – ist es empfehlenswert, die Personaleinsatzkosten für die verschiedenen Qualifikationsgruppen zu errechnen (statt für die individuellen Mitarbeitenden). Der Vorteil ergibt sich vor allem dann, wenn Anpassungen nötig werden: Bei Gehaltsänderungen müssen so nicht alle Werte neu berechnet werden. Sie müssen lediglich die prozentuale Erhöhung übernehmen. Zeigt sich in diesem Schritt, dass Ihre Planung noch nicht wirtschaftlich ist, sollten Sie die vorherigen Schritte, unter anderem die verwendeten Werte, noch einmal genau prüfen und basierend darauf Anpassungen vornehmen.
Regelmäßig evaluieren
Der Rahmentourenplan soll zwar für mehr Stabilität und Planungssicherheit sorgen. Das bedeutet aber nicht, dass er in Stein gemeißelt ist und keine Flexibilität mehr erlaubt. Eine gewisse Flexibilität ist für die bestmögliche pflegerische Versorgung sogar notwendig. Neben anlassbezogenen Änderungen des Rahmentourenplans, die zum Beispiel durch Ab- und Zugänge von Klientinnen und Klienten oder Mitarbeitenden anfallen, ist auch die regelmäßige Evaluation des Rahmentourenplans empfehlenswert. Dabei sollten die aktuelle Klienten- und Mitarbeitersituation, eventuell geplante strategische Veränderungen des Dienstes in der Zukunft und die wirtschaftlichen Ergebnisse der Vergangenheit sowie daraus resultierende Maßnahmen in die Betrachtung einfließen. Nutzen Sie hierzu alle Quellen, die Ihnen zur Verfügung stehen. Maßgeblich ist der Soll-/Ist-Abgleich der Tourenplanung als zentrales Controlling-Element für den ambulanten Pflegedienst. Beziehen Sie aber auch die Erkenntnisse aus Pflegevisiten, Mitarbeitergesprächen und -visiten mit in die Evaluation ein.
Der Plan B – Ausfallmanagement
Auch der Rahmentourenplan kann nicht verhindern, dass Mitarbeitende kurzfristig ausfallen. Es hat sich für diese Fälle bewährt, einen zusätzlichen Rahmentourenplan für das Ausfallmanagement aufzusetzen. In diesem wird in der Regel eine Tour weniger geplant. Muss eine Tour dann kurzfristig und für eine begrenzte Zeit aufgelöst werden, kostet es Sie nur wenig Aufwand, diesen „Plan B“ zu aktivieren und umzusetzen. Sie können so dafür sorgen, dass auch bei einem kurzfristigen Ausfall eine durchdachte Planung greift. Ein weiterer Pluspunkt: Ihren Mitarbeitenden, die diesen „Plan B“ idealerweise kennen, geben Sie mehr Verlässlichkeit in der Planung und tragen somit zur Mitarbeiterzufriedenheit bei.
Tim Kirchhoff ist Management- und Organisationsberater bei der contec GmbH. https://www.contec.de/
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