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Scharfenbergs Aussage sorgt für Diskussion

Pflegebedürftige und Behinderte sollen nach den Vorstellungen der pflegepolitischen Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen, Elisabeth Scharfenberg, in Zukunft Sex mit Prostituierten bezahlt bekommen. "Eine Finanzierung für Sexualassistenz ist für mich vorstellbar", sagte sie der "Welt am Sonntag" und erntete dafür heftige Kritik.

- Foto: Werner Krüper

Die Kommunen könnten "über entsprechende Angebote vor Ort beraten und Zuschüsse gewähren", sagte Scharfenberg. Vorbild wären die Niederlande: Dort gebe es bereits seit einigen Jahren die Möglichkeit, sich als Pflegebedürftiger die Dienste sogenannter Sexualassistentinnen – zertifizierter Prostituierter – bezahlen zu lassen. Die Voraussetzungen hierfür seien jedoch streng: Die auf staatliche Unterstützung angewiesenen Betroffenen müssten per ärztlichem Attest nachweisen, sich nicht auf andere Weise befriedigen zu können.

In Deutschland wirbt die Beratungsstelle Pro Familia seit Jahren dafür, zu klären, ob sich Ansprüche einzelner auf Finanzierung der Sexualassistenz durch die Krankenkassen, die Sozialhilfe- oder andere staatliche Leistungsträger ableiten lassen. Nach Einschätzung von Experten wünschen sich viele Männer und Frauen mit Behinderungen sexuelle Dienstleistungen, meldet die Deutsche Presseagentur.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hält wenig von dem Grünen-Vorstoß. Den Betroffenen sei damit nicht geholfen, sagte deren Vorstand Eugen Brysch. "Wer täglich damit zu kämpfen hat, beim Stuhlgang, Waschen und Essen Hilfe zu erhalten, hat andere Sorgen."

Kritik gab es auch aus den eigenen Reihen. So kritisierte der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer auf seiner Facebook-Seite: "Kann man denn als Bundestagsabgeordnete gut gemeinte Ideen nicht einfach mal im Koffer lassen, wenn sie so offensichtlich dazu dienen können, uns als weltfremde Spinner abzustempeln? Dieser Jahresanfang ist zum Haare raufen".

In einem Statement vom 11. Januar 2017 auf Iherer facebook-Seite wehrt sich Scharfenberg mit den Worten:

"Dieses Statement, das nun in dieser Art und Weise aufgegriffen wurde, habe ich der "Welt" bereits im August 2016 – auf Anfrage – gegeben. Wer meine Arbeit verfolgt, weiß, dass für mich seit vielen Jahren andere Bereiche der Pflegepolitik, etwa der Personalmangel, im Vordergrund meiner Arbeit stehen und ich hierüber regelmäßig in der Öffentlichkeitsarbeit informiere. In der jetzigen Diskussion ist das eigentliche Thema aus den Augen geraten – nämlich eine Pflegepolitik, die den Menschen ernst nimmt mit all seinen Bedarfen und Bedürfnissen. Für mich steht dabei weiter der Personalmangel in der Pflege im Vordergrund, eine nachhaltige Finanzierung der Pflegeversicherung und eine gute Qualität der Pflegeleistung. Dennoch ist auch dieses Thema ein wichtiges und ich bin entsetzt über die Art und Weise, in der es nun diskutiert wird: Die sachliche Ebene wurde verlassen zugunsten einer verzerrten und für mich sowie alle Betroffenen oft beleidigenden Darstellung. Auf diese Kommentare werde ich nicht weiter eingehen. Umso mehr freue ich mich, dass mich auch Nachrichten erreichten, die das Thema auf der Fachebene behandeln."