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Welche Erkenntnisse bringt ein Hospitationstag im Bewerbungsverfahren?
“Wie komme ich an die “wirklichen” Informationen, wie der Hospitationstag für die Interessentin war?” Diese Frage stellte eine Teilnehmerin im letzten Workshop zum Thema “Bewerbungs-Prozess”. Diese kluge Frage beinhaltet die Vermutung, dass nach dem Probetag nicht alles auf den Tisch kommt, was zu einer Entscheidung für oder gegen den neuen Arbeitgeber spricht.

Wozu soll ein Hospitationstag dienen?
Die Antwort liegt bei den meisten auf der Hand. Die Interessentin soll den Dienst und die Pflegekunden kennenlernen. Der potenzielle Arbeitgeber möchte wissen, ob die Bewerberin zum Team passt.
Mir ist das zu unkonkret!
In der Regel werden von allen Beteiligten Erwartungen aneinander gestellt, die nicht klar kommuniziert wurden.
Ein Beispiel:
"Die sieht die Arbeit nicht!" antwortet die mitnehmende Kraft auf die Frage der PDL, wie die Bewerberin denn gewesen sei. Sofort wachsen Skepsis und Misstrauen.
Vorstellbar ist, dass
- die Bewerberin sich gegenüber der erfahrenen Kraft nicht aufdrängen wollte.
- Oder sie wollte sich nicht in den Vordergrund stellen.
- Oder sie wollte einfach sehen, wie bestimmte Leistungen von diesem Pflegedienst verrichtet werden.
Wie wäre denn die Bewertung ausgefallen, wenn die Interessentin sofort die Kommunikation mit den Pflegekunden an sich gerissen und nach einem Blick in die Doku-Mappe die Versorgung übernommen hätte? Wir wissen es nicht!
Was wollen Sie über eine Mitfahrt wissen?
Legen Sie vor der Hospitation Kriterien fest, die Ihnen für einen erfolgreichen Probetag wichtig sind.
Im Workshop ist zum Beispiel diese Liste entstanden:
- Bei den ersten drei Einsätzen zuschauen und danach, in Absprache mit der Mitarbeiterin, die Versorgung übernehmen.
- Vor dem Einsatz die Situation des nächsten Pflegekunden erfragen.
- Nach dem Einsatz wertschätzend über besuchte Pflegekunden reden.
- Den Einsatz mit der Mitarbeiterin besprechen und nach Feedback fragen.
- Auf Augenhöhe und ressourcenorientiert mit Pflegekunden und Angehörigen sprechen.
- In Haushalten, die nicht ihrem Weltbild entsprechen oder in Stress-Situationen, gelassen reagieren.
- Ausschließlich Leistungen erbringen, die vertraglich vereinbart sind.
- Rückfragen, wenn sie unter den Leistungen der einzelnen Leistungskomplexe andere Tätigkeiten versteht.
- Sich für die Technik interessieren, wenn sie das System nicht kennt.
- Fragen zum Team und zum Pflegedienst stellen und/oder notieren.
Reden Sie über Ihre Erwartungen!
Am Ende der Hospitation werden die Interessentin und die Mitarbeiterin gefragt, wie der Tag denn gelaufen sei. Meistens erhält die PDL dann die Antwort "ganz gut" oder eine Rückmeldung, die von den subjektiven Erwartungen der Mitarbeiterin geprägt ist. Oft ist dies keine gute Entscheidungsgrundlage für eine Zusammenarbeit und damit Zeitverschwendung.
Besprechen Sie Ihre Kriterien sowohl mit der Mitarbeiterin als auch der Interessentin im Vorfeld des Probetages.
Als Leitungskraft geben sie damit Orientierung in beide Richtungen. Die Mitarbeiterin weiß, worauf sie achten und was sie tun soll. Die Interessentin bekommt ein Gefühl für Ihre Teamkultur und weiß, worauf Sie beim Umgang mit Pflegekunden Wert legen.
Das Gespräch nach dem Hospitationstag
Vereinbaren Sie vor der Mitfahrt schon einen Termin, an dem Sie sich zu dritt wieder zusammensetzen, um über die Erfahrungen aus der Hospitation zu sprechen. Das Nachgespräch wird auf der Basis Ihrer Kriterien geführt und bietet dadurch die Möglichkeit, dass Sie fundierte Informationen bekommen. Ich empfehle das Gespräch zu dritt zu führen, damit von Beginn an nicht der Eindruck entsteht, es wird in Ihrem Pflegedienst hinter dem Rücken von anderen geredet.
Folgende Fragen eignen sich für das Nachgespräch:
- Worin fühlten Sie sich sicher?
- Was war anders, als Sie das bisher kannten?
- Was gefällt Ihnen gut?
- Was sollten wir verändern?
- Wie passt das zu Ihrer Arbeitsweise, wie wir die Organisation, Kommunikation und Pflege hier durchführen?
- Was hat Ihnen an der Zusammenarbeit mit der Kollegin heute gefallen?
Nehmen Sie sich für die Erarbeitung der Kriterien bewusst Zeit. Sie werden feststellen, dass Sie dadurch Ihre Erwartungen auch an das bestehende Team noch einmal konkreter formulieren können. Vielleicht ist das ja auch ein gutes Thema für eine der nächsten Teambesprechungen?
Nehmen Sie sich auch Zeit, im Vorfeld und nach der Hospitation mit den Beteiligten zu sprechen. Nehmen Sie die Haltung der, im positiven Sinne neugierigen erkundenden Leitungskraft, ein. Das bedeutet, stellen Sie viele offene Fragen!
Macht eine Hospitation Sinn?
Wenn Sie nun denken, dass dieses Vorgehen viel Arbeit bedeutet, dann sehe ich das genauso. Aus meiner Sicht können Sie auf Hospitationen verzichten, wenn die Bewerbungsgespräche für beide Seiten inhaltsreich gestaltet werden und Sie auch Mitarbeitende in den Prozess einbeziehen. Im Blog-Artikel "Wir bewerben uns bei Ihnen" finden Sie passende Fragen für das Bewerbungsgespräch.
Was wollen Sie bei einer Hospitation feststellen, dass Sie nicht während der Einarbeitungs- und Probezeit auch erfahren können?
Ihre erarbeiteten Kriterien können Sie übrigens auch für die Einarbeitungszeit nutzen.
Wie machen Sie das? Gibt es bei Ihnen noch Hospitationen?
Fragt Claudia Henrichs
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