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Kehrtwende: Landespflegegeld doch auch für Hartz-IV-Empfänger
Das neue bayerische Landespflegegeld von 1.000 Euro
jährlich kommt nun in der Regel auch
Hartz-IV-Empfängern zugute – wie von der
Landesregierung angekündigt. Zuletzt hatte es darüber
Zwist gegeben. Nun hat das Bundessozialministerium
entschieden.

Kehrtwende im Zwist zwischen Berlin und München um das
bayerische Landespflegegeld: Das
Bundesministerium für Arbeit und Soziales teilte auf
Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) mit,
dass die von der bayerischen Landesregierung neu
eingeführte Leistung doch nicht auf Leistungen nach dem
zweiten und dem zwölften Sozialgesetzbuch angerechnet
wird. Das heißt: Auch Hartz-IV-Empfänger bekommen die
1.000 Euro pro Jahr. Das war in den letzten Wochen
umstritten. Erst am Dienstag hatte die "Süddeutsche
Zeitung" berichtet, dass die Bundesagentur für Arbeit
das bayerische Landespflegegeld auf Hartz IV anrechnet.
Das Bundesarbeitsministerium in Berlin teilte am
Dienstag schriftlich mit, dass es grundsätzlich wichtig
sei, "dass bei den Leistungsberechtigten keinerlei
Unsicherheit entsteht". Man habe die Frage, ob das
bayerische Landespflegegeld auf Sozialleistungen
anzurechnen sei, deshalb "nach Recht und Gesetz
geprüft". Das Bundesministerium kommt nun zu dem
Schluss, dass dies bei Leistungen nach dem zweiten und
dem zwölften Sozialgesetzbuch nicht der Fall ist. Hier
kämen Ausnahmen zum Tragen. Das Landespflegegeld soll
den Mehraufwand, den Leistungsberechtigte wegen ihrer
gesundheitlichen Einschränkungen haben, teils
auffangen.
"Das ist etwas grundlegend Anderes als zum Beispiel die
Sicherung der Grundbedürfnisse wie Essen, Kleidung,
Wohnen und anderes", heißt es in der schriftlichen
Stellungnahme aus Berlin. Damit bestätigt das
Bundesarbeitsministerium größtenteils die Münchner
Sicht. Anzurechnen sei das Landespflegegeld lediglich
auf die Hilfe zur Pflege nach dem siebten Kapitel des
zwölften Sozialgesetzbuches, "weil diese Leistungen den
gleichen Zweck haben".
Das bayerische Gesundheitsministerium hatte sich am
Dienstag betont gelassen gegeben in der Debatte. Noch
am Morgen, bevor die Bewertung des Bundesministeriums
bekanntgeworden war, sagte ein Sprecher in München:
"Das Bundessozialministerium prüft derzeit die
Anrechnungsfrage. Das Ergebnis dieser Prüfung bleibt
abzuwarten." Das Landessozialministerium betonte, Ziel
der bayerischen Staatsregierung sei es nach wie vor,
dass das Landespflegegeld "ungeschmälert" in voller
Höhe an alle Berechtigten ausgezahlt werde. Die
Leistung sei gerade nicht zur Existenzsicherung oder
für den Pflegebedarf gedacht.
Der CSU-Alleinregierung kommt diese Wende in der
Diskussion kurz vor der Landtagswahl am 14. Oktober
entgegen. Denn: Beim Familiengeld, einer weiteren neuen
Leistung der Staatsregierung, bleibt das
Bundesarbeitsministerium bei seiner Sicht – nämlich,
dass die 250 bis 300 Euro für Kinder zwischen einem und
unter drei Jahren auf Hartz-IV-Leistungen angerechnet
werden müssen. Dass man nun in den beiden Fällen zu
unterschiedlichen Bewertungen komme, zeige, dass man an
die bayerischen Angelegenheit "nicht dogmatisch",
sondern rechtlich sauber herangegangen sei, heißt es
aus dem Bundesarbeitsministerium.
Anspruch auf das Landespflegegeld haben
Pflegebedürftige ab Pflegestufe zwei mit Wohnsitz in
Bayern. Laut Ministerium haben bislang mehr als 240.000
Menschen einen Antrag gestellt. Wie viele von ihnen
jedoch zeitgleich Sozialleistungen empfangen, ist nicht
bekannt, schreibt die "Süddeutsche".
Dies habe die Bundesagentur für Arbeit dem Blatt
bestätigt. Kinder unter 15 Jahren, die pflegebedürftig
seien und von Sozialgeld lebten, gingen beim
Landespflegegeld leer aus. Auch
Ehepaare, bei denen etwa der Mann pflegebedürftig sei
und die Frau Hartz-IV erhalte, seien betroffen, hieß
es. Das Bundessozialministerium prüft dem
Zeitungsbericht zufolge derzeit, ob es dieser
Rechtsauslegung der Bundesbehörde folgt. Schon beim
Familiengeld hatte Bundessozialminister Hubertus Heil
(SPD) den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder
(CSU) ausgebremst.
Söder sagte der Zeitung: "Wir wollen, dass das
Pflegegeld auch die Schwächsten erreicht. Es soll an
alle ausgezahlt werden." Der Parteivorstand habe am 10.
September zudem besprochen, das Familien- und
Pflegegeld auch in der Koalition in Berlin verstärkt zu
beraten. Anspruch auf 1.000 Euro Pflegegeld im Jahr
haben Pflegebedürftige ab der Pflegestufe zwei mit
Wohnsitz in Bayern. Bisher hätten 230.000 Menschen
einen Antrag gestellt, hieß es. Wie viele von ihnen
Sozialleistungen empfangen, sei nicht bekannt.
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