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Kommt bald der allgemeine Tarifvertrag für die Altenpflege?

Anfang dieses Jahres sollen Verhandlungen über einen
allgemeinverbindlichen Tarif in der Altenpflege
aufgenommen werden. Die privaten Anbieter sind dagegen.
Die Tarifpartner können aber mit der Unterstützung der
Koalition in Berlin rechnen.

- Foto: Adobestock/Gundolf Renze

Es geht um mehr als eine Million Beschäftigte und ein
politisches Versprechen: Altenpflegekräfte in
Deutschland sollen besser bezahlt werden. An seinem
ersten Tag als Bundesgesundheitsminister sagte Jens
Spahn (CDU), sein Ziel sei, zu einer Tarifbezahlung in
der Altenpflege zu kommen. In dreieinhalb Jahren, am
Ende der Legislaturperiode, wolle er sagen können, es
sei besser geworden.

Nun soll ein wichtiger Schritt zur Erhöhung der
Tarifbindung getan werden. Der AWO-Bundesvorsitzende
Wolfgang Stadler sagte dem Evangelischen Pressedienst
(epd), er gehe davon aus, "dass im Januar der
Durchbruch gelingt und alle Voraussetzungen erfüllt
sind, um einen allgemeinverbindlichen Tarif in der
Pflege umzusetzen". Ein gemeinsamer Arbeitgeberverband
der nichtkirchlichen, gemeinnützigen Organisationen
werde den notwendigen Rahmen geben, um das Projekt
Anfang 2019 auf den Weg zu bringen, erklärte Stadler –
gemeint ist die Aufnahme von Verhandlungen mit der
Tarifkommission der Gewerkschaft ver.di.

Kommt es zu einem Abschluss, kann das
Bundesarbeitsministerium diesen für
allgemeinverbindlich erklären. Der politische Wille
dazu ist da. Dann dürfte kein Pflegeunternehmen mehr
geringere Löhne zahlen, als dieser Tarif vorgibt. Mit
den Lohnforderungen will sich ver.di an den Tarifen im
öffentlichen Dienst orientieren.

Ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler sagte dem
epd, der angestrebte Tarifvertrag werde dazu beitragen,
dass sich mehr Menschen für den Pflegeberuf entscheiden
und Altenpflegerinnen, die aus dem Beruf geflüchtet
sind, zurückkommen. "Ein bundesweit geltender
Tarifvertrag, der von keinem Anbieter unterschritten
werden darf, hilft nicht nur den Beschäftigten, sondern
müsste eigentlich auch im Interesse der privaten
Pflegekonzerne sein", sagte Bühler weiter: "Wenn sie
keine Fachkräfte mehr bekommen, ist schließlich ihr
'Geschäftsmodell' gefährdet."

Das sehen die privaten Anbieter anders, so etwa der
Präsident des bpa-Arbeitgeberverbandes Rainer Brüderle:
"Wir sehen die Versuche, allgemeinverbindliche
Tarifverträge in der Pflege zu erleichtern, als
schwerwiegenden Eingriff in die Tarifautonomie." Die
Arbeitgeber seien gar nicht gegen Tarifverträge. Sie
hätten aber kein Gegenüber, sagt Brüderle: "Wir stellen
fest, dass ver.di aufgrund fehlender Mitglieder als
Verhandlungspartner ausfällt."

Der bpa-Arbeitgeberverband hat eigene Entgelttabellen für alle
Bundesländer beschlossen. Er reagiert damit auf den
Druck Richtung tariflicher Bezahlung. Eine Pflegekraft
verdiene danach knapp 60 Euro mehr im Monat als im
Bundesdurchschnitt, erklärt der Verband. Offen bleibt
allerdings, wie groß – oder gering – der Anteil der
Unternehmen ist, die tatsächlich entsprechend bezahlen.
Der Arbeitgeberverband Pflege, in dem die
umsatzstärksten Konzerne zusammengeschlossen sind,
spricht sich lediglich dafür aus, Pflegekräften ein
Mindesteinkommen von 2.500 Euro
monatlich
zu garantieren.