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Lob und Kritik für Ausbildungs- und Prüfungsordnung

Gesundheitsexperten haben in einer öffentlichen
Expertenanhörung des Gesundheitsausschusses in Berlin
über die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die
Pflegeberufe beraten. In der Regierungsvorlage sehen
viele noch Verbesserungsbedarf.

- Das neue Ausbildungskonzept soll die drei Berufszweige Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege zusammenführen.Foto: Bbw Südhessen

Nach der Verabschiedung des Pflegeberufegesetzes
(18/12847) im Juni
2017 hat die Bundesregierung die dazugehörige
Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (19/2707) vorgelegt
(HP berichtete). Das neue
Ausbildungskonzept soll die drei Berufszweige
Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege
zusammenführen und den Pflegefachkräften so flexible
berufliche Einsatzmöglichkeiten eröffnen. Im Zentrum
der Pflegeberufereform steht die dreijährige
generalistische Ausbildung zur Pflegefachkraft. Künftig
sind jedoch weiter differenzierte Abschlüsse möglich in
der sogenannten Gesundheits- und Kinderkrankenpflege
sowie Altenpflege.

Mit der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung werden die
Details der Ausbildung geregelt: Mindestanforderungen,
Prüfungen und die Anerkennung ausländischer
Berufsabschlüsse. Die Verordnung beinhaltet auch
Regelungen für die nunmehr mögliche akademische
Pflegeausbildung sowie für die Errichtung einer
Fachkommission, die sich mit Rahmenlehr- und
Rahmenausbildungsplänen befasst. Die neue
Pflegeausbildung soll 2020 beginnen. Die Verordnung ist
auch im Bundesrat zustimmungspflichtig.

Bedenken äußerten Experten hinsichtlich der künftigen
Altenpflegeausbildung. Der Deutsche Pflegerat sprach
von einer "Abwertung der Altenpflegeausbildung, die
sich in den Kompetenzbeschreibungen zeigt".
Altenpfleger könnten somit keine sogenannten
Vorbehaltstätigkeiten ausüben und in der Folge nur an
der Seite einer Pflegefachkraft arbeiten. Dies werde
nicht zur Steigerung der Attraktivität des Berufs
führen und auch nicht zu einer besseren Bezahlung,
warnte der Verband.

Ähnlich äußerte sich die Pflegewissenschaftlerin
Barbara Knigge-Demal, die von einem im
Berufsverständnis "deutlich abgesenkten Niveau" sprach.
Viele alte Menschen litten unter chronischen
Erkrankungen, die von den Pflegefachkräften berufliche
Erfahrung und "Bewältigungsstrategien" erforderten.
Komplexe Krankheitsverläufe und altersbedingte
Mehrfacherkrankungen, die sogenannte geriatrietypische
Multimorbidität, sei eine der Hauptursachen für
Pflegebedürftigkeit.

Die Abstimmung und Koordinierung der Pflege unter der
Verantwortung der Altenpfleger (vorbehalte Tätigkeiten)
sei von existenzieller Bedeutung, betonte die
Wissenschaftlerin. Die "Absenkung des Anspruchsniveaus"
werde gravierende Auswirkungen auf die Qualität der
Versorgung alter Menschen haben.

Die kirchlichen Sozialverbände Caritas und Diakonie
werteten die Verordnung als "wesentlichen Beitrag zu
einer zukunftsfähigen und qualitativ hochwertigen
Pflegeausbildung". Die Auszubildenden würden befähigt,
Wissen fachbezogen wie auch fachübergreifend zu
erwerben, zu vertiefen und anzuwenden. In einer
Ausbildung, die Spezialisierungen zulasse, müssten die
Anforderungen an die Absolventen jedoch gleich gehalten
werden. Diesem Anspruch genüge die künftige Ausbildung
zum Altenpfleger nicht. Kompetenzniveaus dürften nicht
abgesenkt werden, um die Zielgruppen zu erweitern.
Mehrere Sachverständige schlossen sich in der Anhörung
in dem Punkt den Bedenken an.

Nach Ansicht des Arbeitgeberverbandes BDA wird mit der
Verordnung die Ausbildung zum Altenpfleger "sinnvoll
und zukunftsträchtig modernisiert". Der Entwurf werde
dem Anspruch gerecht, einen für einen weiten
Personenkreis realistischen Berufsabschluss in der
Altenpflege zu erhalten. Die Kompetenzanforderungen für
Altenpfleger seien gemäß den Anforderungen aus der
Praxis "sachgerecht überarbeitet" worden. Die
Ausbildung zum Altenpfleger müsse für Personen
offengehalten werden, "die nicht mit
überdurchschnittlichen Zeugnisnoten während ihrer
Schulzeit glänzen", aber Empathie für ältere Menschen
aufbrächten.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sieht
insbesondere Probleme, die Pflichteinsätze in der
Kinderkrankenpflege zu gewährleisten. Den rund 6.650
Auszubildenden in der Kinderkrankenpflege (Pädiatrie)
stünden rund 130.000 Auszubildende in der Kranken- und
Altenpflege gegenüber. Die "pädiatrischen
Pflichteinsätze" für Auszubildende der Kranken- und
Altenpflege in Kinderkrankenhäusern und
Kinderabteilungen könnten somit kaum gewährleistet
werden. Die jetzige Planung werde zu einem "Nadelöhr"
in der generalistischen Ausbildung führen.

Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin
(DGKJ) monierte, eine generalistische Ausbildung zur
Pflegefachkraft mit nur einem verpflichtenden
Vertiefungseinsatz in der pädiatrischen Versorgung
befähig nicht dazu, Säuglinge, kleine und große Kinder
eigenständig zu pflegen. Eine selbstständige Pflege von
Kindern sei mit einem generalistischen
Pflegeausbildungsabschluss ohne Nachqualifikation nicht
möglich. Ein Verbandssprecher sagte in der Anhörung,
von Kinderkrankenschwestern werde eine hohe Kompetenz
in verschiedenen, sehr speziellen Situationen verlangt.
Daher dürfe die Qualität der Ausbildung auf keinen Fall
vernachlässigt werden.

Pia Zimmermann, Sprecherin für Pflegepolitik der
Fraktion DIE LINKE, sagte: "Durch die neue
Ausbildungsverordnung wird die Altenpflege deutlich in
die zweite Reihe gestellt. So wird der Pflegeberuf
nicht attraktiver. Alle Sozialverbände und
Einzelsachverständige warnen vor der geplanten
Abwertung der Altenpflege. Nur die Arbeitgeber finden
das gut, weil sie mit einer schlechten Ausbildung ihre
Dumpinglöhne halten können. Das ist eine
Unverschämtheit!"

Die von der Bundesregierung vorgelegte Ausbildungs- und
Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe steht
am Donnerstag, 28. Juni 2018, im Mittelpunkt einer
abschließenden Beratung im Plenum. Für die Aussprache
vor der Abstimmung stehen 45 Minuten zur
Verfügung. Der Ausschuss für Gesundheit wird dazu eine
Beschlussempfehlung vorlegen.