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Stundenbudget statt Sachleistungsbudget

Die Verantwortlichen von Home Instead, der Stiftung Liebenau, der Rummelsberger Diakonie, der Augustinum Gruppe, von Pflegen & Wohnen und den Johannitern haben zusammen mit Professoren Christian Bernzen und Ronald Richter einen Diskussionsvorschlag zur Reform der Pflegeversicherung veröffentlicht.

Foto: Home Instead GmbH & Co KG Thomas Eisenreich, Geschäftsführer von Home Instead Deutschland

Im Jahr 2030 werden mehr als 130.000 zusätzlichen Pflegekräften benötigt. Zugleich sinkt auch der reale Leistungsumfang der Pflegeversicherung. Grund dafür sind die steigenden Pflegekosten bei mehr oder weniger gleichbleibenden Sachleistungsbudgets. Damit steigen die Eigenanteile immer schneller und viele Menschen können sich diese nicht mehr leisten.

Um diese Situation zu verbessern, haben sich mehrere Pflegeexperten und -anbieter zusammengetan und einen Diskussionsvorschlag zur Reform der Pflegeversicherung veröffentlicht. Darin schlagen sie vor, dass die Pflegeversicherung nicht mehr nach einem festen Geldbetrag pro Pflegegrad, sondern nach einem flexiblen Stundenbudget pro Pflegebedürftigem leistet. Damit soll die Qualität und die Vielfalt der Pflegeangebote erhöht werden.

Damit soll die versteckte Rationierung von Leistungen der Pflegeversicherung, die durch steigende Pflegesätze bei nur marginal oder gar nicht steigenden Sachleistungsbudgets zunimmt, gestoppt werden. Wohnort und Leistungen sollen getrennt werden. Einzelne oder alle Stunden könnten gepoolt werden. Damit lasse sich die Versäulung in stationär und ambulant aufheben, erwarten die Experten.

Auch können sich neue Angebotsformen entwickeln. Die Abrechnung der Stunden wird nur noch an die Zulassung des Leistungserbringers, nicht mehr an den Leistungserbringungsort gekoppelt. In Anbetracht der demografischen Personallücken in der Pflege entstehen neue Angebote, die mit weniger Personal oder einem anderen Skill-Mix die pflegerische Versorgung bei zunehmender Nachfrage sichern können.
„Das bedeutet, dass die Regelungen der Pflegeversicherung den heutigen und zukünftigen Herausforderungen proaktiv angepasst werden müssen. Gelingt dies nicht, wird das Vertrauen in diese wichtige Säule der sozialen Sicherung untergraben.“, so Thomas Eisenreich, Geschäftsführer von Home Instead Deutschland.
Karl Schulz,  Vorstand Dienste der Rummelsberger Diakonie, hat den Diskussionsvorschlag zur Reform der Pflegeversicherung mit erarbeitet. Im Fokus stehen dabei die betroffenen Leistungsberechtigten und damit letztendlich die Auftraggeber. Ihnen soll, so das Papier, ein persönliches Budget zur Verfügung gestellt werden, mit dem Pflege und Unterstützung selbstbestimmt gebucht werden können. Das wäre eine Perspektive, die sich bereits in der Eingliederungshilfe bewährt.
Der Vorschlag befasst sich weitergehend damit, wie Leistungen jenseits eines starren Personalschlüssels übergreifend und wirksam Pflege und Betreuung sicherstellen können. Schulz sieht den Diskussionsbeitrag als Startschuss: „Die Akteure der Politik, die Kostenträger und die Sozialwirtschaft gehören an einen Tisch, bis es einen New Deal gibt“.
Der Diskussionsvorschlag ist als Einladung zur weiteren Mitentwicklung gedacht, da nur durch gemeinsames Arbeiten an einer umfassenden Reform die notwendigen Änderungen zeitnah zu realisieren sind.